Mittwoch, 14. Oktober 1998
- Yanahurco
Diese Nacht! Nicole und ich haben gefroren. Als ich mich
überwinde aufzustehen, um auszutreten, habe ich einen Krampf in
den Beinen. Hier spielt wohl alles zusammen, Kälte, Höhe und
Anstrengung des Reitens. Draussen ist der matschige Boden gefroren und
die Sterne reflektieren sich in der spiegelglatten Wasseroberfläche
des Sees, aber sehr schnell bin ich wieder im Schlafsack. Es ist doch
ein paar Grad wärmer dort.
Schon
vor dem Aufstehen entschliessen wir uns bei den anderen für eine
Rückkehr zu plädieren. Als sich gegen 7.00 Uhr alle aus ihren
Schlafsäcken schälen, wird bald klar, dass es nicht unsere
Schlafsäcke gewesen sind, sondern dass alle gefroren haben. Nach
kurzem Gespräch mit Moncho und einer Abstimmung ist bald mit 4
zu 2 Stimmen entschieden, dass wir heute zur Hacienda zurückreiten.
Wir werden bei unserer Rückkehr von Fernando erfahren, dass in
dieser Nacht 500 m tiefer das Thermometer auf minus 8 °C gefallen
ist. Wir hatten leider keinen Thermometer dabei aber minus 10 °C
muss es auf jeden Fall gewesen sein und so eine Nacht wollten wir alle
nicht noch einmal zubringen. Auch hier wären genauere Angaben im
Reiseprogramm von Vorteil gewesen. Die Temperaturen können nicht
nur, wie angegeben, bis 0 ° sinken, sondern noch viel tiefer und
ein Biwaksack hätte geholfen.
Den Pferden und den Chacras ist nichts anzumerken, obwohl
auch sie in der Nacht gefroren haben. Gut gelaunt hat Nappo das Frühstück,
Kaffee, Rühreier und Brötchen zubereitet. Das Problem mit
der Streichfähigkeit der Butter kann aber auch er nicht lösen.
Der Ritt zurück nach Yanahurco verläuft ohne grössere
Ereignisse. Erwähnenswert ist, dass wir das erste Drittel zu Fuss
zurückgelegt haben, und wir dabei einen 4200 m hohen Pass zu Fuss
überquert haben. Ich habe dabei jede Zigarette und jedes Kilo zuviel
auf den Hüften verflucht. Lothar und Lilo haben es noch einmal
wissen wollen und unterwegs einen Abstieg zu Fuss unternommen. Moncho
sagt uns nachher, dass dieser steile Weg eigentlich auch zu Pferde machbar
wäre, Lilo ist jedoch 50% der Strecke auf dem Hosenboden abgerutscht.
Unsere Reitkunst wäre bei so etwas sicher überfordert gewesen.
Zurück in der Hacienda freuen wir uns auf eine
heisse Dusche, das Nachtessen und die Bettflaschen. Edu zaubert, trotz
fehlender Vorwarnung, Moncho war es nicht möglich die Ranch mit
dem Walkie-Talkie zu erreichen, ein ausgezeichnetes Essen auf den Tisch.
An diesem Abend werden auch die Bar und der Pooltisch ausgiebig genutzt
und der Damenchor hat sein Können zum Besten gegeben. Fernando
hat uns noch mehr über sein Reich erzählt, ein Video über
die Arbeit mit den Wildpferden gezeigt und einen Blick auf seine Waffensammlung
gewährt.
Zu
den Pferden ist zu erwähnen, dass diese genau gleich wie die Rinder
einmal pro Jahr zusammengetrieben werden. Bei den Rindern ist es wegen
des Fleisches, der medizinischen Betreuung und dem Anbringen der Brandzeichen.
Bei den Pferden hingegen müssen vor allem die Hufe geschnitten
werden, da diese sich im weichen Paramos nicht abnützen. Auch hier
wird wie in der Sacha-Lodge der Generator irgendwann ausgeschaltet,
heute planmässig um 22.30 Uhr.