Nagarhole Nationalpark / Kabini River Lodge

Um 06.30 Uhr wurden wir von den Boys mit einem Early Morning Tea geweckt. Eine halbe Stunde später, auf dem Weg zum Kabini River hatten wir bereits Axis-Hirsche, Muntjaks und Gaurs beobachten können. Am Ufer lagen für uns Coracles, kreisrunde Boote, aus über ein Bambusgestell gespannten Büffel-häuten, bereit. Wir setzten uns Rücken gegen Rücken in der Mitte auf einen Hocker und los ging es, gerudert von einem Ranger, auf den Taraka-Stausee hinaus. Für das Bird Watching sind diese Boote ausgezeichnet geeignet, da sie praktisch lautlos fortbewegt werden können und deshalb eine Annäherung ermöglichen, die mit einem Motorboot einfach unmöglich ist. So liessen sich selbst nach Fischen tauchende Kormorane und Schlangenhalsvögel beobachten.

Anschliessend fuhren wir zum Elefantencamp Mastigudi, wo acht Arbeitselefanten gehalten werden. Die beiden jüngsten, der eine davon konnte noch ohne weiteres unter dem Bauch der Mutter durchschlüpfen, versuchten uns immer wieder zu erschrecken und in die Flucht zu jagen. Wenn wir nicht darauf reagierten, taten sie so, als hätten sie sich eigentlich gar nicht für uns interessiert und vertrieben dafür entweder Hühner oder einheimische Kinder.

Die erwachsenen Tiere warteten mit grosser Spannung, aber dennoch recht gesittet auf ihr tägliches Kraftfutter in Form eines in Zuckerrohrsirup gekochten und zu grossen Ballen geformten Linsenbreis. Je nach Alter und Grösse erhielten die Tiere von ihrem Mahout drei bis sechs dieser grossen, dunkelbraunen Ballen ins Maul gestopft. Diese wurden dann mit zugekniffenen Augen genüsslich im Maul hin und her gedreht, um den süssen Geschmack bis zum letzten auskosten zu können.

Der Vater der Jungelefanten, ein prächtiger Tusker, hatte sich bei einer Auseinandersetzung mit einem wilden Artgenossen eine tiefe Verletzung an der Basis seines linken Stosszahns zugezogen. Die Wunde war von den Pflegern fachgerecht gespült und desinfiziert worden und befand sich glücklicher-weise bereits in Abheilung.

Während unseres Besuchs kam ich mit der Ethologin (Verhaltensforscherin) Cheryl D. Nath ins Gespräch, die in Mastigudi als Mitarbeiterin des Asian Elephant Research and Conservation Centre, einer Unterabteilung des Centre for Ethological Sciences Bangalore unter der Leitung von R. Sukumar Studien über das Verhalten von Wild- und Arbeitselefanten durchführt. Es entwickelt sich sofort ein höchst interessantes Gespräch über die Spannungsverhältnisse zwischen der lokalen Bevölkerung und den Wildtieren. Dabei kann es immer wieder zu solch unglücklichen Begegnungen kommen, bei denen Wildtiere, die in die Felder der Bauern eingedrungen sind, von denen schwer verletzt oder auch getötet werden. Es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass der Platz in Indien mit der stark wachsenden Bevölkerung immer enger wird. Es müssen deshalb Lösungen und Wege gefunden werden, wie Wildtiere und Menschen, die oft beide ums Überleben kämpfen, nebeneinander leben können, ohne dass es zu solchen blutigen Auseinandersetzungen kommt, bei denen auch immer wieder Menschen von Elefanten angegriffen und auch getötet werden.

Nach dem Lunch war bis zum Tee um 16 Uhr Siesta angesagt. Dann bestiegen wir zusammen mit sieben Amerikanerinnen ein Motorboot für eine ausgedehnte Rundfahrt auf dem Taraka-Stausee. Wir konnten eine grosse Artenvielfalt von Vögeln (die in den Listen im Anhang detailliert aufgeführt ist) beobachten. Ein besonders schöner Anblick bot ein Fischadler in einem Seitenarm des Sees und drei Gaurs, die im Abendlicht am Ufer ästen. Weniger schön war der Anblick des verletzten Elefanten, einem abgemagerten ca. 20-jährigen Tusker, dessen linkes Vorderbein stark angeschwollen war. Bei jeder Bewegung entleerte sich ein wenig Eiter aus dem Einschussloch auf der Höhe des Ellbogens. Rund um seinen Standplatz sah die Vegetation schon ziemlich abgeweidet aus. Der Elefant konnte sich nur mit Mühe und praktisch nur auf seinen drei gesunden Beinen fortbewegen. Unser einheimischer Begleiter beschwor mich immer wieder, etwas zu unternehmen, damit dem Tier geholfen werden könne. Offensichtlich waren schon Versuche unternommen worden, die Wunde zu behandeln, doch waren die Helfer angegriffen worden. Ein aus Mysore herbeigerufener Tierarzt konnte den Patienten im dichten Wald, in dem er sich jeweils vom frühen Morgen bis gegen Abend aufhält, nicht auffinden. Eine Möglichkeit sähe ich, wenn man dem Bullen solche Kraftfutterballen, wie wir sie im Elefantencamp gesehen hatten, mit einem potenten Antibiotika anbieten würde. Optimaler wäre allerdings eine chirurgische Wundversorgung am narkotisierten und immobilisierten Tier.

Uns allen tat der gepeinigte Elefant, der nach Aussagen der Naturalists seit ungefähr einem Monat an dieser schweren Verletzung litt, leid. Bei allem Verständnis für die geschädigten Bauern, konnten wir nicht begreifen, warum sie eine Kugel auf den Elefanten abgefeuert hatten, obwohl wahrscheinlich eine reine Lärmpetarde auch den erwünschten Effekt erzielt hätte. Ich wollte das Problem mit dem Direktor der Lodge, der uns morgen auf unserem letzten Game Drive begleiten sollte, aufnehmen.

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