Um 06.30 Uhr wurden wir von John Wakefield, dem 86-jährigen Direktor am Steuer
seines Jeeps abgeholt. Er fuhr uns perfekt an die verschiedenen Tiere heran
und erzählte mit viel Einfühlungs-vermögen über ihre Bedürfnisse. Am Rande
eines Tümpels sahen wir neben zahlreichen Bronze-Fruchttauben Dutzende von
Java-Pfeifgänsen. Als einer der Begleiter aus dem Fahrzeug stieg erhoben sich
plötzlich alle und flogen weg. Dies zeigt, dass Fahrzeuge als nicht gefährlich
eingestuft werden, hingegen ist einem einzelnen Menschen nicht zu trauen.
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Dazwischen erfuhren wir einiges über sein interessantes Leben. Er wurde in Indien geboren und hat bis jetzt, nur unterbrochen durch einen Ausbildungsaufenthalt in England, in Asien gelebt. Nach seiner Pensionierung als Offizier der indischen Armee hatte er zuerst die Leitung der Tiger Tops Lodge im Chitwan Nationalpark in Nepal übernommen und war nachher hierher in die Kabini River Lodge gekommen. Er geniesst hohes Ansehen bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihn bei allem Respekt ‚Papa' nennen.
Ich sprach John Wakefield auch auf den verletzten Elefantenbullen an und fragte ihn, warum nicht ein Tierarzt vom Zoo Mysore zur Betäubung und nachfolgenden Wundbehandlung beigezogen werden könnte. Er sagte mir, sie hätten in zwei oder drei Fällen mit dieser Methode Pech gehabt und die Tiere verloren. Diese seien in der Anflutungsphase der Narkose in den Fluss gelaufen und dann dort ertrunken . Eine Erfahrung, wie wir sie von Zootieren ebenfalls kennen. Auch sie suchen in dieser Phase oft Wasser auf - ob sie wohl während der Anflutungsphase des Narkotikums unter einem Hitzegefühl leiden? John Wakefield meinte, sie wollten eher versuchen, den Patienten mit zwei grossen Arbeits-Elefanten einigermassen zu fixieren und dann den Abszess mit einem raschen Schnitt zu eröffnen. Das Forest Department habe jedoch auf die Todesfälle ziemlich verärgert reagiert - Kunststück ich habe es bis jetzt auch in erster Linie als unbeweglichen Verwaltungsapparat kennengelernt.
In die Lodge zurückgekehrt, empfahl uns John Wakefield seine persönliche Spezialität Masala Omelett mit Käse. Wirklich ein hoch interessanter Mann, dem man noch lange hätte zuhören können. Er ist der lebende Beweis dafür, dass auch staatliche Lodges unter entsprechender Führung einen hohen Standard erreichen können. Nur wie wird es nach ihm mit der Kabini River Lodge weitergehen? Wir wären gerne noch länger an diesem gastlichen Ort geblieben, mussten uns jedoch auf dem Weg nach Bandipur machen.
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Kurz nach 14 Uhr trafen wir nach einer etwa 3-stündigen Fahrt über 180
km in der Tusker Trail Lodge im Bandipur Nationalpark ein. Diese neu erstellte
Lodge wird von Mrs. Vishalakshi Devi, der Schwester des Maharajas von Bangalore,
geführt. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass wir bereits zum Lunch eintreffen
würden. Dennoch stand das Essen nach einer halben Stunde auf dem Tisch. Der
Chef de Service kam auf mich zu und sagte mir, er kenne mich von früher, ob
ich einmal im Ranthambhore Nationalpark gewesen sei. Er war 1996, zusammen
mit einem Kollegen, der nun ebenfalls hier arbeitete, dort in der Tigermoon
Lodge gewesen.
Unmittelbar nach dem Mittagessen ging es mit Jeeps auf den ersten Game Drive - am Steuer der Sohn der Lodge-Besitzerin. Wie üblich sahen wir eine Menge Vögel und Hirsche, an die wir uns mittlerweile schon gewöhnt hatten. Plötzlich rief Walter ‚Tiger!'. Als wir mit den Feldstechern schauten, sahen wir jedoch einen grossen männlichen Leoparden, der offensichtlich in der nahe liegenden Senke ein Schlammbad genossen hatte und sich nun gemütlich entfernte, wobei er immer wieder zu uns Störenfrieden zurückschaute. Dies war wirklich eine tolle Überraschung.
Müde, aber zufrieden kehrten wir kurz vor 19 Uhr in die gastliche, mitten in der Wildnis wunderschön angelegte Lodge zurück. In den Zimmern hing denn auch eine Warnung, nach Einbruch der Nacht die Veranda an der Hinterseite des Bungalows nicht mehr zu benützen - warum erfuhren wir am nächsten Tag.
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