Ein Reisebericht von Beat Bähler



 
 

 

Zurück bleibt das Chamäleon

die Baobabs

und ein leerer Tisch.

Donnerstag — Samstag 16. — 18.3.2000 — Morondava:

Wegen der ungünstigen Gezeiten hat Bernard seine Yacht bereits gestern abend auf Reede gelegt und wir fahren nach dem Frühstück mit dem Schlauchboot zur Yacht hinaus. Nun beginnt unser Turn zu den südlich von Morondava gelegenen kleinen Inseln. Wo kann ein Zivilisiertes Exemplar des Homo Sapiens heute noch dem Trieb des Jägers und Sammlers nachleben wenn nicht beim Fischen auf hoher See. Wobei mir dabei immer wieder der englische Satz „fishing is boring, catching fish is great" durch den Kopf geht. Am Morgen ist uns dann auch das Glück hold oder Bernard versteht sein Metier. Wir fangen neben einem Bonito mehrere Doraden und einen sogenannten Caranque. Nach dem Mittagessen -einer der Boys auf dem Boot hat gekocht - beisst kein Fisch mehr an. Wir waren aber auch gesättigt. Der, ich nenne es einmal „fresh seafood-Teller" ist ausgezeichnet. Fein geschnetzelter Baracuda mit Crevetten in Knoblauch und Zwiebeln anziehen und mit verklopftem Ei und Soyasauce ausbraten, ein Gedicht. Auf der Rückfahrt ist dann noch ein kleines Problem mit dem Luftfilter des einen Caterpillar-Diesels aufgetreten. Wir sind auf jeden Fall, eine Russfahne hinter uns herziehend, nach Hause getuckert.

Der Freitag ist eine Übung in Geduld, und ein Test des madegassischen Bankwesens. Bernard wollte am liebsten MFG für seinen Yachtausflug und war von der Idee der Kreditkarte nicht sehr begeistert. Nachdem wir am Morgen auf der falschen Bank waren, diese nahmen nur Visa, sind wir am Nachmittag zur BNP. Diese hat das MC-Zeichen an der Tür. Eine Autorisation zu erhalten ist wohl das Schwierigste. Zuerst alle Angaben von der Kreditkarte abschreiben, nach Tana durchgeben, und dann ein bis zwei Stunden auf Antwort warten. Aber es hat geklappt, um 16.00 h kommt das Telefon aus Tana, dass wir kreditwürdig sind. Die Bank ist inzwischen geschlossen und die sich noch im Schalterraum befindlichen Kunden müssen die Bank nach Abwicklung des Geschäftes durch den Hinterausgang verlassen. Als ich dann endlich an der Reihe bin, klaubt mein Vordermann aus einem Plastikbeutel einen ca. 20 cm hohen Stoss 1000er-Noten, die er einzahlen will. Mora mora, denke ich, 1 1/2 Stunden haben wir gewartet, dann können wir auch noch die 5 Minuten warten, die der Kassier braucht, um den Stoss durchzuzählen. Dann bekomme ich endlich mein Geld. Nachdem wir nochmals den Staub der Stadt im Pool abgespült haben, machen wir uns bereit für den Abstecher zum Abendessen auf Betania. Pascale und Boudou, die Besitzer des Hotels Le Piroguien, haben uns einen wunderschönen Abend versprochen. Und das wird es dann auch. Nachdem bereits das Mittagessen im Royal Toera ein kulinarisches Erlebnis war ist das Abendessen nochmals eine Steigerung. Aber immer schön der Reihe nach. Die Tournedos au thon, die das Royal Toera aufgetischt hat sind Tranchen von jungem Thunfisch umwickelt mit einem Zitronengras-Blatt, serviert mit einer Kräuterbutter, die auch Zitronengras enthält. Wir fahren also wieder mit dem Hotelkatamaran nach Betania. Der Wind vom Meer her ist recht frisch und wir sind sehr schnell über den Fluss gekommen. Wir werden mit einem Punch au Coco begrüsst. Gegen 18.30 h kommt der Chor der lutherischen Kirche von Betania und gibt nur für uns zwei ein einstündiges Konzert. Die Choräle des Westens sind geprägt von einer Fröhlichkeit und werden sehr gut und mit viel Humor vorgetragen. Uns hat das Lied vom Zauberer am besten gefallen und es wird dann auch auf unseren Wunsch zum Schluss ein zweites Mal vorgetragen. Während Boudou in der Küche verschwindet diskutieren wir noch ein wenig mit Pascal über die Problematik des Tourismus auf Madagaskar. Anscheinend beginnt auch hier der (Kinder)-Sex-Tourismus anzuziehen. Er habe auf jeden Fall auch schon Klienten zum Teufel jagen müssen, die mit drei etwa 14-jährigen Mädchen bei ihm aufgetaucht seien und ein Zimmer wollten. Bei der Armut der Bevölkerung ein nur zu verständliches Problem. Ein Monatsverdienst in einer Stunde zu machen ist sehr verlockend. Wobei eigentlich nicht zu verstehen ist warum Madagaskar so arm ist. Es ist reich an Bodenschätzen, besitzt fischreiche Meere und im Hochland kann ausgezeichnet Ackerbau betrieben werden. Pascal meint, dass es an der Ausbildung der Bevölkerung liegt. Er schickt seine Kinder an die katholische Missionsschule und nächstes Jahr muss seine älteste Tochter nach Tana in ein Internat. Dann ist Boudou fertig mit der Vorspeise. Wir bekommen wie gewünscht wieder die Riesencrevetten mit viel Knoblauch. Dann kommt als Hauptspeise gegrillter junger Thunfisch an Boudous Marinade (Soyasauce, 1 EL Zucker, Saft von 2 Limonen, Öl und feingeschnittene Zwiebeln). Den Fisch 2 Stunden marinieren. Die Marinade aufkochen und als Sauce servieren. Die Kokostorte mit Schokolade zum Dessert ist ebenfalls einmalig. Ein Fischer von der Insel bringt uns so gegen 11.00 h mit einer Ruderpiroge ans andere Ufer und wir gehen gesättigt ins Bett. Das Hotel Le Piroguien auf Betania ist trotz seiner Einfachheit eine gute Adresse um einige Tage in Morondava zu verbringen.

Am Samstag dann - unser Rückreisetag - geniessen wir noch den Morgen am Pool, verteilen unsere alten Kleider an die Bauarbeiter, die in den letzten Tagen aus den arg zerdepperten Strandverbauungen des Toera ein doch recht ansehnliche Promenade gebaut haben. Touris, kommt ihr nach Madagaskar, nehmt Eure alten Sachen mit und lasst sie dort. Die Leute, speziell in Morondava, haben eine Riesenfreude. Auf der Fahrt zum Flughafen fällt uns auf, dass das „Chez Cucu" wieder beginnt, seine Tore zu öffnen. Ausserdem wird zur Zeit ein zweiter Swimmingpool auf Nosy Kelly gebaut. Dies gleich auf der anderen Strassenseite beim „Chez Cucu". Der Rückweg zum Flugplatz ist wie immer wenn eine Freinacht bevorsteht nicht sehr motivierend. Der Flug mit der Twin Otter nach Tana ist dann genau so ereignislos wie der Hinflug. Wie von Noël versprochen, fahren wir noch kurz auf den Handwerkermarkt etwa 8 km vor dem Flughafen. Ein Rundgang offenbart nichts Neues und wir sind froh, unsere Sakalava-Schnitzereien in Morondava gekauft zu haben. Hier gibt es nämlich keine. Dann geht es wieder zurück zum Flughafen. Während wir noch schnell im Restaurant etwas kleines essen, passt unsere Führerin in der Schlange auf unser Gepäck auf. Als es dann endlich los geht, kommt man relativ rasch vorwärts. Wo Madagaskar beim Strassenbau zu wenig Personal beschäftigt, sind es hier eindeutig zu viele. Etwa fünf Mal müssen wir unseren Pass vorweisen, ein Formular ausfüllen und den Einreisestempel für die Videocamera quittieren lassen. In der Abflughalle hat es neben den obligaten Dutyfree Shops auch noch Geschäfte, die Souvenirs feilbieten und eine Cafébar. Uns fällt auf, wie viele Vasa-Paare auf diesem Flug ein madegassisches Kleinkind dabei haben. Das Adoptieren von Kindern scheint in zu sein oder es sind die laschen Adoptionsbestimmungen, die dies ermöglichen. Wir sitzen diesmal Nichtraucher, aber meine Sitznachbarin - sie und ihr Mann sind uns mit ihren 12 Koffern beim Check-in, schon unangenehm aufgefallen - streckt partout ihre Ellenbogen in meine Hüfte. Da ist sie bei mir aber falsch. Speziell als ich wirklich nur meinen Platz beanspruche, beginnt sie etwas von Rücksicht zu faseln und das mit ihrem Hermes-Schal und eben solchem Kostüm. Ich weise sie auf Englisch, Französisch, Deutsch und Berndeutsch darauf hin, dass sie ja 1. Klasse fliegen kann. Aber nachdem ich das 3. Mal die spitzen Ellbogen von Madame in der Niere habe, sitze ich auf und mache auf Brust raus, Schultern gerade. Dann wird’s ihr zu bunt. Sie ruft verzweifelt nach der Stewardess und diese komplimentiert Madame höflich und nett zu den Rauchern. Dort gäbe es noch Platz. Nachdem dieses Problem für alle zur Zufriedenheit gelöst ist kann das Essen kommen. So enden also unsere Ferien auf Madagaskar noch mit einem unschönen „merde la France" aber gegen die Borniertheit einiger Franzosen ist halt wirklich fast kein Kraut gewachsen, ausser vielleicht einem „Bärner Gring" und der ist bekanntlich nicht von Plastik.