Ein Reisebericht von Beat Bähler



 
 

 

Die heutige Etape

Die Madagaskar Boa sonnt sich.

Unser Fahrer, einer der Helden unserer heutigen Etappe

und Noel, der mit seiner Entscheidungsfreude zum guten Gelingen beigetragen hat.

Samstag, 4.3.2000 Ranomafana — Fianarantsoa:

Um 6.30 läutet mein Wecker. Ich stehe auf, um nachzusehen, was das Wetter macht, da die Ohren wegen des rauschenden Wasserfalles als Indikatoren wertlos sind. Was für eine Überraschung, es giesst immer noch in Strömen. Nach dem Frühstück, Baguette, Café usw. fahren wir zum Parkeingang, wo der obligatorische Guide auf uns wartet. Er erklärt uns, dass wir wegen des schlechten Wetters auf Pflanzenerklärungen verzichten und uns gleich auf die Suche nach Lemuren machen wollen. Er warnt uns auch noch vor den Blutegeln und wir stopfen auf Kommando unsere Hosenbeine in die Socken. Dann beginnen wir mit unserem Rundgang. Der Abstieg zum Fluss ist gut ausgebaut und die Eisenbrücke über den hochgehenden Fluss macht einen vertrauenerweckenden Eindruck, obwohl das Wasser bedenklich um die Brückenpfeiler rauscht. Auf der anderen Seite des Flusses sind die Wege naturbelassen und Wurzeln oder Steine bilden die Stufen wenn es bergauf oder bergab geht. Nach einem harten Aufstieg erreichen wir das Forschungscamp der Uni von Cambridge. Hier erkundigt sich unser Führer nach Lemuren und verschwindet für einige Zeit. Derweil mache ich eine Manguste aus, die sich hier an den Speiseabfällen gütlich tut. Sie verschwindet aber rasch nachdem sie bemerkt, dass wir sie beobachten. Nach der Rückkehr des Führers beginnen wir mit dem Aufstieg und wir entdecken auch ein paar Rotlappenmakis. Als wir so rumstehen erschreckt Nicole uns alle mit einem Schrei. Ein Blutegel hat sich auf ihrer Stirn festgebissen. Wir können den Egel gerade noch entfernen, bevor er mit Blutsaugen beginnt, und ausser einem kleinen roten Fleck bleibt nichts zurück. Die Egel scheinen die Innenseite unserer Ponchos als einen idealen Aufstiegspfad zu den weichen, ungeschützten Körperstellen zu verwenden. Als wir bei einer Rast die Ponchos kontrollieren zähle ich 11 dieser Biester an der Innenseite meines Poncho. Beim Abstieg zurück zum Parkeingang sehen wir noch ganz kurz einen goldenen Bambuslemuren. Diese Art ist erst in den 80er Jahren im Ranomafana Nationalpark entdeckt worden.

Jetzt hat es auch mich erwischt. An meinem Hals hängt ein Blutegel und ist schon ziemlich vollgesogen. Gespürt habe ich nichts aber Nicole hat das Ding entdeckt. Noël entfernt ihn fachmännisch. Einige Tropfen Blut rinnen noch aus der kleinen Wunde und es bleibt ein etwa 5 mm grosses Hämatom zurück, dass meinen Kehlkopf etwa eine Woche zieren wird. Barbara entdeckt beim abschliessenden Leech-check auch noch einen, der sie durch die Socke hindurch angezapft hat und nun durch den Blutfleck auf der weissen Socke verraten wird. Nun fahren wir ins Dorf Ranomafana. Unterwegs entdecken wir eine Madagaskar-Boa, die sich während einer Regenpause auf einem Stein aufwärmt. Im Dorf gibt es ein Museum über den Nationalpark. Nach meiner Meinung lohnt ein Besuch nicht, ausser man will mit dem Kauf von T-Shirts oder anderer Souvenirs den Park unterstützen. Nicole möchte im Dorf noch madegassische Schokolade erstehen und wir halten kurz am Marktplatz und gehen in den Laden. Noël begleitet uns und erfährt vom Ladenbesitzer Schreckliches. Die Strasse zurück sei meterhoch unter Wasser. Es scheint etwas daran zu sein, denn aus Westen kommt kein einziges Fahrzeug mehr in das Dorf.

Noël beschliesst, dass wir so schnell als möglich zu Mittag essen und dann aufbrechen, um zu sehen, was los ist. Gesagt, getan. Um 13.15 h brechen wir, verpflegt, auf ins Abenteuer genannt Rückfahrt. Als wir das Dorf am Wasserfall passieren wird uns gesagt, das Wasser sei etwa 1,5 Meter hoch. Als wir zur überfluteten Stelle kommen, erkennen wir, dass das wohl stimmen könnte und auch das Fehlen von Fahrzeugen auf der gegenüberliegenden trockenen Seite weist auf überflutete Abschnitte hin, so dass Noëls Vorschlag hindurchzugehen und das Gepäck zu tragen, und auf der anderen Seite ein anderes Auto zu nehmen nicht sehr durchführbar scheint. Dann tauchen fünf Einheimische auf und Noël beginnt mit ihnen zu reden. Bald einmal fragt er, ob wir was dagegen hätten, wenn sie mit uns fahren würden. Wir wollen versuchen den Weg über die, laut Angaben in Reiseführern bei Regen nicht zu schaffende, RN 45 zu nehmen. Die Alternative 3 — 4 Tage in diesem Kaff festzustecken ist keine und wir stimmen diesem Vorschlag zu. Wir haben also die fünf Männer, mit ihrem einen Spaten, eingeladen und sind losgefahren. Die Strasse ist bei Regen mit einem 4 x 4 kaum zu schaffen, geschweige denn mit unserem Kleinbus. Aber was die Männer und der Lastwagenfahrer (mit Beifahrer inklusive einen Spaten), der sich mit uns zu einem Convoy zusammengeschlossen hat in den nächsten 5 Stunden leisten, ist fast unglaublich. Mit den beiden Spaten wird an den unpassierbaren Stellen eine neue Fahrspur aus dem Morast gegraben, mit Holzbohlen verstärkt und mit Splitt, den der Lastwagen geladen hat irgendwie befahrbar gemacht. Als alle Klippen gemeistert sind - wir sind alle ein bisschen dreckig durch Schieben und andere Mithilfe im roten Morast - verabschieden wir und von den Fünf. Diese müssen nun die 15 km wieder nach Hause gehen. Als wir erfahren, zu was für einem Lohn Noël die Männer angeheuert hat, entschliessen wir uns spontan diesen zu verdoppeln. 50‘000 MFR (12,5 SFr.) haben dazu ausgereicht. Das Strahlen ihrer Gesichter werden wir nie vergessen.

Es ist inzwischen schon 18.30 h und es beginnt dunkel zu werden. Die restlichen etwa 90 km bis Fianarantsoa vergehen auf der normalen Strasse wie im Flug und um 20.00 h sind wir im Hotel Soafia. Es wird von Chinesen geführt und ist riesengross, auf jeden Fall was die Zimmer angeht. Wir können unsere gewaschenen Regenponchos und Schuhe problemlos im Zimmer ausbreiten und haben immer noch genügend Platz für alle anderen Utensilien. Mit einem guten Nachtessen endet unser Tag an dem wir für die Cameltrophy geübt haben.