Lemuren
Lemuren, wie auch wir, gehören zur Ordnung der Primaten oder Herrentiere.
Sie werden aber im Gegensatz zu uns, als eher primitiv, in die Unterordnung
der Halbaffen eingereiht. Zu dieser Unterordnung gehören auch die
nachtaktiven Bushbabies, Lories und Tarsiere die in Afrika und Asien heimisch
sind. Die Unterordnung der Lemuren wird in 5 Familien eingeteilt. Ihre
Grösse reicht von 11 cm beim Mausmaki bis zu 80 cm beim Indri mit
einer Schwanzlänge von 5 - 60 cm. Der Schwanz ist ausser beim Indri
meist lang und buschig behaart. Als weitere auffällige Merkmale können
der feuchte Nasenspiegel, die gegenüberstellbaren ersten Finger und
ersten Zehen, die bei einigen Arten unvollkommene Temperaturregelung mit
der Fähigkeit Fett in der Schwanzwurzel zu speichern und die zu einer
Art Putzkamm geformten, waagrecht stehenden, unteren Eck- und Schneidezähne
dienen. Bei allen Halbaffen ist noch eine zweihörnige Gebärmutter
vorhanden und am zweiten Zeh ist nicht wie sonst ein Nagel sondern eine
Kralle ausgebildet.
Die Lemuren haben auf Madagaskar die Verschiedensten ökologischen
Nischen besetzt. Trotz dieser Diversifzierung gibt es wesentliche gemeinsame
Merkmale. Dem Geruchssinn kommt sicher eine noch grössere Bedeutung
zu als bei den Affen. Spielt er doch sowohl im Revierverhalten und im
Sozialleben eine Rolle. Alle Arten markieren ihren Wohnbezirk mit Ausscheidungen
aus besonderen Duftdrüsen oder im einfachsten Fall mit Harn. Man
kann Kattas häufig dabei beobachten wie Sie zur Parfümierung
ihren schwarz weissen Ringelschwanz an den Duftdrüsen unter Ihren
Armen reiben und dann allfälligen Opponenten den Stinkeschwanz wie
eine Flagge zeigen. Im Gegensatz zu den Verwandten auf den Kontinenten
sind einige Lemurenarten tagaktiv und leben in Familienverbänden
oder grösseren matriarchalisch geführten Gruppen. Dieses Verhalten
ist für Primaten eher untypisch, ist doch dort meist der Mann das
stärkere Geschlecht und somit der Chef. Bei unserem Besuch haben
wir aus 4 der 5 Familien einzelne Arten zu Gesicht bekommen. Die fünfte
Familie der Fingertiere mit dem Fingertier (Aye-Aye) als einziger Art
zählt zu den meistgefährdeten auf der Insel und kommt nur in
2 getrennten Regenwaldgebieten im Norden der Insel vor.
Beim Ausflug in den Kirindi Forrest sind wir Arten aus den 4 anderen
Familien begegnet. So haben wir unter anderen den Mausmaki und den Gabelstreifigen
Katzenmaki aus der Familie der Katzenmakis gesehen. Diese nachtaktiven
Makis fressen neben Früchten und Blüten auch Insekten und kleine
Wirbeltiere. Aus der Familie der eigentlichen Lemuren haben wir im aber
vor allem im Isalo Nationalpark den Katta und den braunen Maki entdecken
können. Die eigentlichen Lemuren sind normalerweise Vegetarier. Die
Familie der Wieselmakis ist uns wieder speziell im Kirindi Forrest in
Form des kleinen Wieselmaki unter die Augen gekommen. Die englische Bezeichnung
"sportive Lemur" ist hier wieder einmal Zutreffender als die deutsche
Namensgebung. Mit einem schlanken Wiesel haben diese Lemuren nun wirklich
nichts gemeinsam, während dem sich das "sportive" auf die Boxerstellung
bezieht, die diese Tiere bei Bedrohung einnehmen.
Aus der Familie der Indriartigen haben wir den Larvensifaka zu Gesicht
bekommen. Der Indri als grösste Art der Lemuren kommt nur in den
nordöstlichen Regenwäldern vor, und diese lagen nicht auf unserer
Reiseroute. Trotzdem haben wir einen guten Überblick über den
Artenreichtum der Lemuren erhalten, sogar den erst in den 80 Jahren entdeckten
goldenen Bambuslemur haben wir, wenn auch nur sehr kurz, zu Gesicht bekommen.
Leider muss man annehmen dass mindestens 15 Arten seit der Besiedlung
durch den Menschen ausgestorben sind und alle noch vorkommenden Arten
entweder zu den gefährdeten oder gar zu den vom aussterben bedrohten
Arten zählen. Alles in allem gesehen haben aber Lemuren mit ihrem
weichen Fell und den grossen runden Augen ein erhebliches "Knuddelpotenzial"
und locken damit Touristen ins Land, die Geld dort lassen und damit vielleicht
einen Beitrag zur Erhaltung der Lebensräume dieser Tiere leisten.
Die Bezeichnung Lemuren sollen frühe Reisende geprägt haben,
das Geschrei und die reflektierenden Augen haben sie an die Geister der
Verstorbenen erinnert und diese wurden bei den Römern Lemuren genannt.
Früher wurde sogar die ganze Insel wegen diesen Halbaffen von Tiergeographen
Lemuria genannt.
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